Brainstorming als Auslaufmodell der Kreativität

Begriffe wie Denkfabrik, Kreativitätsworkshop und Ideen-Sprint begegnen uns heutzutage häufiger. Wie die Namen schon sagen, dienen sie der systematischen und reihenweisen Erzeugung von Ideen zu einer bestimmten Fragestellung oder einem Problem. Die bekannteste und allgemein einfachste Methode der Denkfabrik ist seit Jahren das Brainstorming.

Spontane Ideen werden auf Post-Its gesammelt und durch Assoziationen wahllos aneinandergereiht. Was dabei meistens entsteht, sind altbekannte und bereits gedachte Ideen – von wirklich kreativen Ideen keine Spur. Es wird weder ein roter Faden in der Umsetzung verwendet, welcher die Art der neuen Ideen spezifiziert, noch gibt das Brainstorming gezielte, kreative Impulse, welche innovative Assoziationen fördern.

Weiterhin neigen Menschen dazu unbewusst Ihre Ideen mit den bereits genannten zu vereinen, um so Konsens zu erzeugen. Das passiert ganz unterbewusst und wird als „Framing“ bezeichnet. Wenn zudem Menschen mit unterschiedlich ausgeprägter Dominanz zusammenarbeiten, werden die extrovertierten häufiger das erste Wort haben und haben somit den größten Einfluss.

Dennoch wird es heute immer noch von vielen Unternehmen zur Ideengenerierung verwendet. Gründe dafür sind zum einen seine Bekanntheit, seine Einfachheit sowie der Mangel an Alternativen. Abseits davon weichen Unternehmen auf das Mindmapping aus. Dieses gibt zwar durch sein strukturabhängiges Vorgehen klare Richtungen vor, doch auch hier sind neue, befruchtende Assoziationen abhängig von der Kreativität der Anwender.

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Besonders in den letzten Jahren taten sich aus den Gebieten Design und IT neue Alternativen hervor, welche versuchen die Schwächen mit den Stärken des Brainstormings zu verbinden. Es wird zwischen intuitiven und diskursiven Methoden unterschieden:

Intuitive Methoden liefern in kurzer Zeit eine Vielzahl an Ideen

Bei intuitiven Methoden stehen Assoziationen im Vordergrund. Dabei wird versucht, neue Lösungen durch verschiedene Aktivierungen zu stimulieren. Diese Methoden helfen besonders bei der sogenannten Betriebsblindheit und fördern das „um die Ecke denken“. Dabei ist die Auswahl der Methoden recht groß und für jeden Anwendungsfall anpassbar.

Eine leise Methode unter den intuitiven Kreativitätstechniken ist die 6-3-5 Methode – Hier ist der erste Schritt die Definition des Problems. Sechs Personen erhalten ein Formblatt und tragen innerhalb von fünf Minuten drei Ideen zur Lösung ein. Ist die Zeit verstrichen wird das Blatt in der Gruppe zur nächsten Person weitergegeben. Jede Person hat dann erneut fünf Minuten Zeit, die vorhandenen drei Ideen aufzugreifen, zu verändern und optimaler Weise drei verbesserte Ideen einzutragen. Daraufhin wird das Blatt erneut weitergereicht, bis es von allen Teilnehmenden bearbeitet wurde. Während der Sitzung darf nicht miteinander gesprochen werden.

Auf diese Weise werden in 30 Minuten bis zu 108 Ideen generiert. Dabei können auch Introvertierte einen effizienten Beitrag leisten. Die 6-3-5 Methode eignet sich besonders für Problemstellungen mit geringer bis mittlerer Komplexität.

Eine laute Methode ist die Kopfstandtechnik – Oft ist es leichter etwas zu kritisieren, als Lösungen zu generieren. Die Kopfstandtechnik zielt darauf ab, dieses Phänomen aufzugreifen und eine Lösung durch Umkehrung der eigentlichen Fragestellung zu erzeugen. Somit kann das Problem: „Was müssen wir tun, um gute Ideen zu erzeugen“ zu folgender Kopfstand Fragestellung umformuliert werden: „Was müssen wir tun, um schlechte Ideen erzeugen“.

Dabei ist darauf zu achten die Fragestellung in sich umzuformulieren und nicht nur um Verneinungen wie „nicht“ oder „kein“ zu ergänzen. Gerade für ungeübte Teilnehmende im Umgang mit Kreativitätstechniken bietet sich diese Übung als spielerische Methode an.

Diskursive Methoden betrachten ein Problem ganzheitlich

Diskursive Methoden betrachten ein Problem ganzheitlich, indem es analytisch abstrahiert und in kleine Teilprobleme aufgeteilt wird. Das Ziel ist es durch das Lösen einzelner kleiner Probleme das eigentliche Hauptproblem zu bewältigen.

Morphologische Analyse – Bei der morphologischen Analyse werden Probleme schrittweise zerlegt und für jedes entstandenen Teilproblem eine Reihe an Teillösungen gesucht. Diese Lösungen werden tabellarisch festgehalten. Im zweiten Schritt werden nur die verschiedenen Lösungen der einzelnen Teilprobleme untereinander kombiniert. Dadurch ergeben sich für jede Kombination eine Lösungskonzept. Dabei ist es wichtig, dass alle Teillösungen eines Problems unabhängig voneinander verwendet werden können.

Der Vorteil der Morphologischen Analyse ist, dass somit alle möglichen Lösungskombinationen systematisch durchgedacht werden. Dadurch wird die Chance verringert, dass vorher nicht beachtete Lösungen unbeachtet bleiben.

Progressive Abstraktion – Diese Methode kann vor allem bei der Definition eines Problems helfen, indem dessen Kern systematisch analysiert und aufgedeckt werden. Das Ziel ist es allen Teilnehmenden eine bessere Problemauffassung zu geben, welche maßgeblich die darauf aufbauenden Lösungsideen beeinflusst. Dies wird erreicht, in dem jedes Problem auf seinen eigentlichen Kern hinterfragt wird. Das wird solange wiederholt, bis das Abstraktionsniveau des Problems der Gruppe genügt.

Was sollte sich ändern?

Altbewährte Methoden wie das Brainstorming oder Mindmapping haben weiterhin ihren Bestand. Jedoch kommt es hier, wie so häufig, auf den eingesetzten Kontext an. Die nutzbare Toolbox für Kreativität ist größer als man denkt. Die richtige Methode bei der entsprechenden Problemstellung kann gedankliche Wände einreißen, während man bei einer falschen Auswahl doch am Ende dort landet, wo man bereits vor dem Brainstorming war.

Fabian Pilz, Innovations- und Projektmanager bei ZWEIDENKER

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Tags: 6-3-5-Methode, Brainstorming, Innovation Consulting, Kopfstandtechnik, Kreativitätstechniken